Mobil im verrufenen Stadtbezirk
Hochhausfassaden, viele verwittert und zerstört, Freiflächen, die vom Vandalismus geprägt sind: Finkenberg ist Kölns Problemstadtteil – in dem gleichzeitig besonders viele Kinder und Jugendliche leben. „Die harten Kinder von Köln“ hat der Kölner Stadtanzeiger 2004 die Zielgruppe des diesjährigen „Betreten erlaubt“-Projekts der LAG in einer umstrittenen Artikelserie genannt. Der Tenor der Lokalzeitung: Gewalt, Drogen, Hass und Probleme bestimmen den Alltag der Finkenberger Jugend. Ein Stigma, das diesen Jugendlichen auch über die Stadtgrenzen hinaus anhaftet.

„Es ist tatsächlich schwierig, in diesem Stadtteil aufzuwachsen“, sagt Ralf Werheid, Koordinator im Verein „Haus der offenen Tür Porz“, der in Finkenberg und die angrenzenden Stadtteile Gremberghoven und Porz-Eil drei Streetworker beschäftigt. „Das bedeutet aber nicht, dass hier alle kriminell werden.

“Eigentlich sollte „das Demo“, wie Köln-Finkenberg von vielen Bewohnern genannt wird, das „Demonstrativ-Bauvorhaben“ des Bundes in den 1960ern sogar besonders „menschenfreundliches Wohnen“ und eine „ausgewogene soziale Mischung“ ermöglichen. Daher stehen Hochhäuser neben überdachten Einfamilien-Bungalows. In den überdachten Einkaufspassagen sollten sich Geschäfte und Dienstleistungsunternehmen sowie von den Bewohnern selbst verwaltete soziale Einrichtungen ansiedeln. Stattdessen ist der Bezirk - wie viele „Demonstrativ-Bauvorhaben“ in Deutschland - zum sozialen Brennpunkt geworden: Hohe Jugendkriminalität, hohe Arbeitslosigkeit, triste Betonfassaden, Gewalt. Viele Wohnungen stehen leer, gemeinschaftliche Einrichtungen wurden zerstört. Die meisten Bewohner haben Migrationshintergrund, eine gesellschaftliche Integration ist in einem Stadtteil, dem an sich schon Stigmata anhaften, aber besonders schwierig. Streetwork ist hier besonders wichtig, weil die Zielgruppe andere Angebote nicht wahrnimmt.
Weil das Streetworkerteam nicht nur für Finkenberg, sondern seit kurzem auch für die Nachbarstadtteile zuständig ist, hatten sie bislang ein Mobilitätsproblem. „Die Jugendlichen haben ihre eigenen Treffpunkte und sind sehr stark auf ihr Viertel fixiert“, sagt Ralf Werheid. „Sie würden nicht zu einem Streetwork-Angebot nach Finkenberg kommen, wenn sie aus Eil kommen und umgekehrt, da müssen wir regelmäßig vor Ort sein.“ Deshalb fördert die LAG – in diesem Fall von den Geldern der Ehrenamtsförderung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) – für die Porzer Jugend ein Streetwork-Mobil ausgestattet mit Spielen, einer Musikanlage, Büchern und vielem mehr. „Außerdem finden verschiedene Beratungsangebote statt, in lockerer Form und endlich unabhängig von Tageszeit und Wetter.“ Und das in allen drei Stadtteilen.

Der Bus ist bereits gekauft. Mit Hilfe einer Jugendwerkstatt beteiligen sich die Jugendlichen beim Innenausbau und gestalten den Bus von außen mit der Sprühdose. „Wir haben einen Graffiti-Wettbewerb ausgeschrieben“, sagt Ralf Werheid. „Die Gewinner besprayen den Bus.“ Später soll noch ein Rap-Projekt stattfinden – ein wichtiger Zugang zu den Jugendlichen, für die diese Musik eine große Rolle im Leben spielt.

Beteiligt werden die Jugendlichen aus Finkenberg, zu denen das Streetworkerteam schon länger Kontakt hat. Sie sind zwischen 13 und 18 Jahren alt und haben vorwiegend türkischen und russischen Migrationshintergrund. In den anderen beiden Stadtteilen ist die soziale Situation nicht ganz so brisant wie in Finkenberg. Um die Jugendlichen dort auch zu erreichen, haben die Streetworker ihren Arbeitsbereich ausgeweitet. Weil wir in Finkenberg aber schon länger präsent sind, kennen wir die Jugendlichen dort schon gut und machen das Beteiligungsprojekt deshalb mit ihnen. Von dem Bus werden aber alle profitieren.