Projektbeschreibung Greven
Der folgende Text ist Ergebnis der prozessbegleitenden Evaluation durch die FH Düsseldorf (Prof. Dr. Ulrich Deinet, Michael Janowicz, Angela Hasters) und basiert auf Interviews, teilnehmenden Beobachtungen, Begehungen sowie Gesprächen vor Ort und der Dokumentenanalyse (Projektanträge, Berichte, etc.) die uns freundlicherweise möglich gemacht bzw. zur Verfügung gestellt wurden.

1. Kurzbeschreibung

Im Hansaviertel, einem Stadtteil von Greven, ist die mobile Jugendarbeit seit lan­gem präsent. Sie arbeitet explizit mit jugendlichen Cliquen und kann auf Erfahrungen mit sozial­räumlichen Projekten zurückgreifen.

Massive Verdrängungsprozesse, ausgelöst durch immer wiederkehrende Konflikte zwischen Jugendlichen und Anliegern einer Wohnsiedlung führten zu der Beteiligung an der Projektausschreibung der LAG.

Ziel des Projektes war es, mit einer Gruppe bisher unerreichter Jugendlicher einen Jugendtreffpunkt im Hansaviertel zu entwickeln und sie dabei zu unterstützen, ihre Vorstellungen gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten.

Eine Gruppe Jugendlicher russland-deutscher Herkunft konnte für dieses Projekt gewonnen werden. Unterstützt von 2 Streetworkerinnen erarbeiteten sie verschiedene Vorschläge für eine intensive Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit.
Politik und Verwaltung in Greven stehen, nicht zuletzt durch die gute Erfahrung mit derartigen Projekten, dieser Form der Beteiligung von Jugendlichen sehr positiv gegenüber und ließen sich in verschiedenen Diskussionsrunden über die Vor­stellungen der Jugendlichen informieren.

Auf Basis dieser Auseinandersetzung wurde ein geeigneter und von den Jugendlichen akzeptierter Projektstandort gefunden. Der ausgewählte Platz ist ein sanierungsbedürftiger Kinderspielplatz. Der Platz wurde in der Vergangenheit auch als Volleyballplatz genutzt, was allerdings durch die Anwohner unterbunden wurde.
Mit der Bildung einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern von Politik, Verwaltung, Polizei, den Jugendlichen und interessierten Bürgern wurde ein Gremium gebildet. Hier soll der praktischen Umsetzung des Projektes Rückhalt gegeben werden, indem Vorschläge und Einwände aller Beteiligten gehört und berücksichtigt werden.

Im Laufe des Frühjahres sollen die konkretisierten Ideen der Projektgruppe umgesetzt werden. Dabei werden die Jugendlichen die Möglichkeit haben, gemeinsam mit verschiedenen Firmen, die als Kooperationspartner gewonnen werden konnten, praktisch an der Realisation ihres Jugendtreffs mitzuwirken.

2. Sozialräumliche Grundvoraussetzungen

Die Stadt Greven liegt im Süden von Münster. Das Hansaviertel liegt im Osten der Stadt, ca. 1,5 km vom Stadtkern entfernt. Von den 2321 Einwohnern sind 536 Kinder und Jugendliche.
Ca. 50% der unter 21-jährigen haben einen Migrationshintergrund, ca. die Hälfte dieser Jugend­lichen stammt aus den GUS Staaten. Viele Familien sind von Arbeitslosigkeit betroffen. Das Viertel ist geprägt durch eine gemischte Bebauung, die sich aus mehrgeschossigen Wohnblocks und Einfamilienhäusern vorrangig aus den 70er Jahren zusammensetzt.

In den letzten Jahren sind neue Einfamilienhaussiedlungen hinzugekommen, so dass eine dichte Wohnbebauung entstanden ist. Die Bausubstanz der Einfamilienhäuser ist deutlich gepflegter als die der Wohnblocks. Der strittige Treffpunkt, ein überdachter Durchgang im Innenhof eines Wohnblocks, befindet sich in direkter Nähe zum Jugendtreff. Beides ist an einer Stichstraße gelegen, die in einem Parkplatz endet.


3. Ausgangssituation

Die Jugendlichen, die angesprochen werden sollen, sind nicht an das Jugendhaus angebunden, treffen sich aber in der Nähe unter einem Vordach, das einen Häuserblock der Sahle-Bau (Baubetreuungsgesellschaft)) mit einem weiteren Häuserblock verbindet, in dessen Erdgeschoss sich ein Restaurant befindet. Die Kommunikation der verschiedenen Gruppen unter dem Vordach untereinander bzw. mit den Jugendlichen aus dem gegenüberliegenden Jugendhaus und die Verschmutzung der Umgebung (Müll, Urin) sind Ursache massiver Beschwerden.

Die Treffpunkte sind insbesondere deshalb Konfliktpunkte, weil dort die Interessen der Jugendlichen an Kommunikation und Wetterschutz mit den Geschäftsinteressen der Sahle Bau und ihrem Mieter, einem Restaurantbesitzer kollidieren.
Die Jugendlichen werden als Bedrohung empfunden und dargestellt. Ein tatsächlicher Übergriff hat bisher nicht stattgefunden.

Dennoch wurden Polizei und Anwälte eingeschaltet und der Platz soll in Zukunft durch Kameras und erhöhten Polizeieinsatz verstärkt überwacht werden. In diese Auseinandersetzung wird auch die Mobile Jugendarbeit einbezogen, mit dem Versuch, ihr die Verantwortung für die Behebung der Situation im Sinne der Kläger zu übergeben. Die Jugendlichen ihrerseits fühlen sich verdrängt und brauchen nach eigenen Angaben einen Platz für sich.

„Wir suchen einen Platz, wo wir mit dem Gesetz nicht in Konflikt kommen und in Ruhe sein können ohne von der Hausverwaltung oder der Polizei vertrieben zu werden.“ (Jugendlicher, Hansaviertel)

Für das Team des Jugendhauses besteht die Aufgabe der sozialräumlichen Jugendarbeit u.a. darin, den Dialog zwischen den unterschiedlichen Gruppierungen lösungsorientiert zu ermöglichen und dabei die Jugendlichen bei der Formulierung und ihrer Bedarfe zu unterstützen. Die Mitarbeiter betonen in diesem Zusammenhang, dass es sich bei dem Projekt um eine Initiative des Jugendtreffs handelt.