Projektbeschreibung Selm
Der folgende Text ist Ergebnis der prozessbegleitenden Evaluation durch die FH Düsseldorf (Prof. Dr. Ulrich Deinet, Michael Janowicz, Angela Hasters) und basiert auf Interviews, teilnehmenden Beobachtungen, Begehungen sowie Gesprächen vor Ort und der Dokumentenanalyse (Projektanträge, Berichte, etc.) die uns freundlicherweise möglich gemacht bzw. zur Verfügung gestellt wurden.

1. Kurzbeschreibung

Im Selm ist Streetwork seit langem fester Bestandteil der Jugendarbeit. Dennoch gibt es immer wieder Auseinandersetzungen um die Präsenz der Jugendlichen im öffentlichen Raum. In der Vergangenheit konnten in diesem Zusammenhang schon gute Erfahrungen mit sozialräumlichen Jugendprojekten gemacht werden. Mit dem Ziel, den „Oberhof“,einen stillgelegten ehemaligen Kinderspielplatz, als expliziten Treffpunkt für die Jugendlichen neu zu erschließen, beantragte die Stadt Selm daher die Fördergelder der LAG im Rahmen der Ausschreibung “Auf die Plätze, fertig, los!“. Projektschwerpunkt war es, die Jugendlichen weitestgehend an den Prozessen dieser Neuerschließung zu beteiligen. Dafür konnten ca. 30 Jugendliche begeistert werden, die in den drei Projektmonaten ihren Platz planten und aktiv gestalteten. Wichtiger Bestandteil der Zielsetzung ist ein von den Jugendlichen erarbeiteter Regelkatalog, der ihnen Instrumente an die Hand geben soll, den Platz eigenständig zu nutzen.

Durch eine Klageandrohung von Anwohnern wurde eine heftige, öffentlich geführte Debatte zu dem Thema „ Jugendliche im öffentlichen Raum“ angestoßen, die zu einem deutlichen Votum der Politik für das Projekt führten. Dennoch mussten die Arbeiten vorerst eingestellt werden. Um das Projekt nicht zu gefährden, stellte die Stadt einen alternativen Platz zur Verfügung.

2. Sozialräumliche Grundvoraussetzungen

Die Stadt Selm ist eine Kommune am nordöstlichen Rand des Ruhrgebietes die sich aus den sehr unterschiedlich geprägten Stadtteilen Selm, Bork und Cappenberg zusammensetzt. Ehemals ländlich, erfuhr die Region in der Zeit der Industrialisierung durch den Betrieb von zwei Zechen eine starke Zuwanderung. Nach deren Stilllegung ist Selm eher Wohnstadt des umliegenden Ruhrgebietes. Teile der Stadt haben noch einen sehr ländlichen Charakter. Von den 27.ooo Einwohnern sind etwa 7000 Kinder und Jugendliche. Im Sport- und Freizeitbereich der Stadt Selm stehen den Kindern und Jugendlichen 35 Spielplätze und 14
Bolzplätze zur Verfügung. Insgesamt gibt es wenige informelle, nicht pädagogisch betreute Treffpunkte für Jugendliche.

Im Stadtteil Selm werden der Skater-Park am Jugendzentrum Sunshine und das offene Schulhofgelände der Realschule bevorzugt aufgesucht. In Kenntnis der Gewohnheiten der verschiedenen Cliquen wurde der „Oberhof“ zu Beginn des Projektes als Standort von den Streetworkern festgelegt. Er war seit 1996 als Spielplatz angelegt und zwischenzeitlich wegen Baufälligkeit stillgelegt worden. Er liegt zentral in der Nähe vieler informeller Treffpunkte der Jugendlichen. Direkt an den Platz anschließend ist eine Einfamilienhaussiedlung.

3. Ausgangssituation

Die wenigen, von den Jugendlichen gewählten, Treffpunkte in Selm wie z.B. Spielplätze, Schulhöfe, Supermärkte und Parkanlagen sind stark frequentiert und stellen ein hohes Konfliktpotential zwischen rivalisierenden Cliquen einerseits und zwischen Jugendlichen und Erwachsenen andererseits dar.

„Begleitet ist die Nutzung öffentlicher Räume durch verschiedene Jugendgruppen oft von Spannungsfeldern, welche aufgrund verschiedener/konträrer Vorstellungen hinsichtlich des Nutzungsverhaltens zwischen Jugendlichen und Erwachsenen (Anwohner, Spaziergänger, Schulhausmeister etc.) entstehen.“
(Auszug aus dem Projektantrag)

Insbesondere, seit die örtliche Polizeidienststelle Selm in den Abend- und Nachtstunden nicht mehr besetzt ist, werden die unbeaufsichtigten Jugendlichen als Belästigung bzw. Bedrohung empfunden. Die Jugendlichen selber fühlen sich verdrängt, da sie nirgendwo „in Ruhe“ bleiben dürfen.

Da das zuständige Amt für Jugend, Schule und Familie auf der Suche nach neuen Lösungen für diese Situation einen niedrigschwelligen und präventiven Ansatz verfolgt, ist die Streetwork seit langem fester Bestandteil der Jugendarbeit in Selm. Mit einem Stundenkontingent von 19,25 bzw. 8,5 Stunden sind eine Streetworkerin und die Leitung des Jugendzentrums „Sunshine“ für die mobile Jugendarbeit zuständig.

Für das Projekt konnten die guten Kontakte der StreetworkerInnen zu den Jugendlichen genutzt werden, um innerhalb kurzer Zeit eine motivierte Projektgruppe zu mobilisieren.