Zwei Welten, ein Platz
Die einen haben breite Hosen, die anderen enge. So beschreibt der Grevener Streetworker Georg Dodt den ersten – offensichtlichen - Unterschied zwischen den beiden Gruppen, denen noch in diesem Jahr etwas Gemeinsames gehören wird: Ein Platz im öffentlichen Raum. Die Hosen sind nur scheinbar ein kleiner Unterschied, denn sie sagen etwas aus: „Zwischen ihnen liegen Welten“, sagt der städtische Streetworker. Die mit den breiten Hosen sind eine feste Clique. Die besteht aus etwa acht festen Mitgliedern zwischen 14 und 17 Jahren, zur Hälfte Mädchen, die als Russlanddeutsche in die 40.000 Einwohnerstadt Greven im Münsterland zugewandert sind. Die meisten gehen zur Hauptschule, viele haben bereits Erfahrungen mit Gewalt gemacht, einige sind auch schon in Konflikt mit dem Gesetz geraten. „Eine klassische Zielgruppe mobiler Sozialarbeit“, fasst Georg Dodt zusammen. Sie treffen sich auf Spielplätzen, in der Fußgängerzone oder auf einem Schulhof. Manchmal wird es lauter, manchmal bleibt Müll liegen – „die üblichen Probleme mit Jugendlichen im öffentlichem Raum“, sagt Goeorg Dodt. Deshalb ist in diesem Sommer bereits ein Wohnwagenprojekt entstanden. Übergangsweise konnte die Clique einen Wohnwagen auf einem Privatgrundstück abstellen und ihn als Treffpunkt nutzen. „Vor einigen Wochen wurde eingebrochen und die gesamte Inneneinrichtung zerstört“, sagt Dodt. „Aber sie haben schon mal erste Erfahrungen mit einem selbstgestalteten Treffpunkt gemacht.

“Es soll sowieso bald etwas Neues geben: Auf einem ehemaligem Sportplatz - in der Nähe der Innenstadt, aber weit genug entfernt von sämtlichen Anwohnern - soll die Clique mit den breiten Hosen einen neuen Treffpunkt bekommen. Allerdings nicht allein: Auf dem Platz soll die in Greven neu entstandene Szene der BMXer einen so genannten Dirt-Park bekommen, ein Parcours, auf dem sie ungestört ihrem Hobby nachgehen können. „Diese Jugendlichen haben einen völlig anderen Hintergrund als die Clique“, sagt Georg Dodt.
„Sie sind die klassischen Mittelschichtskinder.“ Heißt: Sie tragen enge Hosen, gehen zum Gymnasium, haben Eltern mit gesichertem bis hohem Einkommen – ein BMX-Rad kostet schließlich um die 1.000 Euro und somit kein Sport für Kinder aus ärmeren Haushalten. Bislang fuhren diese Jugendlichen vor allem auf dem Grevener Skateplatz mit ihren Rädern. „Das stört die Skater und ist auch eher gefährlich“, sagt Georg Dodt. „Sie brauchen etwas Eigenes.“ Der Platz passt für beide, findet er. Und: „Aus ihren Unterschieden können die Jugendlichen lernen: Wie man diskutiert, teilt und einen Platz sinnvoll gestaltet.

Deshalb steht in diesem „Betreten erlaubt“-Projekt, finanziert aus Mitteln der Ehrenamtsförderung von Ministerpräsident Rüttgers (CDU), auch die Planung im Mittelpunkt. „Wir haben noch nichts fest“, sagt Georg Dodt. „Bislang denken die Jugendlichen auch noch sehr konventionell, was den Platz angeht.“ Deshalb werden er und seine beiden Kolleginnen Claudia Termöllen–Gausling und Ariane Frese, zusammen mit den Jugendlichen noch im November für einen ausführlichen Planungsworkshop in ein Jugendzentrum nach Münster fahren. Am Ende dieses ersten Planungstages werden die Jugendlichen den verantwortlichen Verwaltungsmitarbeitern der Stadt Greven ihre ersten Planungsergebnisse präsentieren können. Konzipiert und betreut wurde der Workshoptag von Angela Uttke, Stadtplanerin und Sebastian Schlecht, Architekt, aus dem Verein Jugend-Architektur-Stadt e.V.. „Sie werden uns zum Querdenken anregen“, sagt Georg Dodt. An dem Wochenende sollen die Jugendlichen dann in kleinen Gruppen Nutzungskonzepte für den Treffpunkt entwickeln. Sie werden dabei wie richtige Stadtplaner mit Lageplänen, Gestaltungshandbüchern und Modellen arbeiten. „Dabei werden sie sich auch untereinander besser kennenlernen“, sagt Dodt. Bislang haben die Gruppen nämlich noch nichts miteinander zu tun. „Sie haben sich auch eher misstrauisch beäugt, aber es geht ja auch nicht darum, Freundschaften zwischen unterschiedlichen Gruppen zu erzwingen, sondern Wege zu finden, einen Platz gemeinsam zu gestalten und zu nutzen.“



        

Stellungnahme der Jugendlichen

Wir, die Jugendlichen der Clique aus Greven, fanden den Bericht "Zwei Welten, ein Platz" teilweise nicht in Ordnung.

Über unsere Clique wurde geschrieben, dass wir Erfahrungen mit Gewalt gemacht hätten. Das kommt so rüber, als wenn wir kriminell wären. Hingegen wurde die BMX Clique eher als reich und positiv dargestellt. Und das, nur weil einige davon das Gymnasium besuchen? Wir sehen uns genauso positiv, wie die anderen Jugendlichen beschrieben wurden.

Wir sind teilweise gute Schüler, viele von uns gehen auf die Realschule. Unsere Eltern haben alle ein festes Einkommen.

Wir haben jede Menge Spaß zusammen, veranstalten gemeinsame Partys und helfen uns, wenn einer von uns in Schwierigkeiten ist. Wir halten zusammen und haben viele Gemeinsamkeiten.
 
Uns ist es wichtig, dass über unsere Clique ein positiver und guter Bericht verfasst wird.
 
Viele Grüße aus Greven,
Richard, Tatjana, Hermann, Walter, Johanna, Thomas, Hakan und Uljana